Rennbericht Sascha

Rad am Ring

30.07.2016

(Einzelstarter: Jedermannrennen 25km)

2. Platz (AK: 1. Platz)

Nachdem ich 2014 schon einmal mit Matthias am Jedermannrennen über 75km teilgenommen habe und die Nordschleife vereinzelt bei Radtreffs mit weiteren Crownhill Racers erkunden konnte, freute ich mich auch 2016 wieder bei Rad am Ring an den Start gehen zu dürfen.

Ursprünglich war eine Teilnahme mit Matthias am Jedermannrennen über 75km geplant. Aus den gesammelten Erfahrungen des letzten Jahres, bei dem die Jedermannrennenaufgrund eines Gewitters abgesagt wurden und sich das Startgeld somit zur Zwangsspende wandelte, hatten wir im Vorfeld entschieden am Rennmorgen als Nachmelder an den Start zu gehen. Diese Strategie erwies sich im Nachhinein für mich von Vorteil.

Da wir für noch kein Rennen angemeldet waren, nahm ich mir am Vortag des Rennens Zeit die drei Jedermannrennen über 25km, 75km & 150km miteinander zu Vergleichen. Mir macht es eine riesige Freude im Vorfeld analytisch an ein Rennen heran zu gehen. Beim letzten Radtreff bin ich eine Runde auf Zeit gefahren. So hatte ich für mich einen leichten Richtwert. Ich fand heraus, dass ich mit der Zeit bei allen Rennen seit 2010 über die Distanz von 25km, in jedem Jahr ein Platz auf dem Treppchen in meiner Altersklasse erreicht hätte.

Vielversprechend.

Sicher weiß man nicht welche Zeiten in diesem Jahr in den Asphalt gefahren werden, aber es gibt zumindest schon mal eine Richtung an. So entschied ich am Vorabend von Rad am Ring mich einer neuen Herausforderung zu stellen und bei einem Rennen gegen eine knapp 100 Köpfige Gruppe genauso leidenschaftlichen Radfahrern wie mich anzutreten.

Heute ist Renntag!

Am frühen Morgen holen wir Dine und Matthias ab, laden die Räder auf den Bulli und starten mit notwendigem Kaffee Richtung Nürburgring. Nach staufreier Fahrt geht es erst mal zügig auf dem Rad zur Nachmeldestation.

Matthias entscheidet sich für 75km Fahrspaß, ich mich für 25km Laktatparty.

Anschließend fahren wir wieder zurück zum Bulli, ziehen uns um und bestücken die Räder mit Startnummer, Chip usw. Wir müssen uns beeilen. In 30 Min. wird das erste Rennen gestartet. Langsam kommt die übliche leichte Mischung aus Nervosität und Vorfreude auf.

Alles angebracht. Schnell 9 Bar in die Reifen gedrückt und wieder Richtung Boxengasse.

Während Matthias noch die Zeit nutzt sich warm zu fahren, mache ich mich auf den Weg zur Toilette, um meine Blase vom Resultat des Kaffees zu befreien.

Nach meinem Toilettengang, die Zeit völlig aus dem Blick verloren, vernehme ich die Stimme des Kommentators: „ Nur noch 1 Minute bis zum Start des 150km Jedermannrennen.“

Oh man… Wie schnell so eine halbe Stunde vergehen kann. Das war´s für mich mit warm fahren. Jetzt heißt es schnell den Startblock finden. In 5 Min. startet meine Gruppe. Auf´s Rad geschwungen pedaliere ich mich zur Boxengasse, um dann im Lauftempo meinen Block zu finden. Währenddessen startet das 150km Jedermannrennen.

Leichte Hektik breitet sich in mir aus. Die Startblöcke sind gekennzeichnet. Schonmal gut. Was hab ich nochmal für eine Startnummer? Kurz über den Lenker auf die Nummer geschaut: F 6101.

Alles klar. Kann ja nicht so schwer sein. Also nur die Start-Ziel-Gerade entlang laufen bis Block F. Bei C bin ich ja schon. Dann kann es ja nicht mehr weit sein. Ich passiere Block D und sehe mitten im Getümmel Matthias. Ich stoppe kurz und schreie ihm „ Viel Freude, Spaß und Glück entgegen. You´ll rock it!“ Bei Matthias kommt nichts an. Er ist schon im Rennmodus! Kurz darauf rollt er mit den anderen Athleten zur Startlinie vor, um in einer Minute den Puls in Richtung Schwelle zu drücken. Heißt aber auch, dass ich nur noch 3 Minuten bis zum Start habe. Kann ja nicht mehr weit sein. Ich lauf an Box E vorbei und halte Ausschau nach Gruppe F. Die nächste Box ist mit G gekennzeichnet. Verdammt!!! Wo ist Gruppe F??? Matthias Gruppe startet. Noch 2 Minuten.

Langsam verzweifelt wende ich mich an einen Helfer, der auch noch nie etwas von einer Gruppe F gehört hat. Nach einem geschulten Blick, macht er mich darauf aufmerksam das meine Startnummer die „E 6101“ ist! Oh man…. In der Eile habe ich, als ich von hinten über dem Lenker nach der Startnummer schaute, den unteren Teil von dem „E“ nicht gesehen und es für ein „F“ gehalten. Julia würde wohl sagen „Typisch Sascha!!“ Haha.

Kurz neu orientiert habe ich zum Glück nur noch 20m bis in meine Startbox. Endlich angekommen fahre ich in die Menge des Fahrerfeldes, möchte kurz in die Runde schauen… Da werden wir schon angewiesen zur Startlinie vorzufahren.

Puhhh…. Wenn das nich mal knapp war!!! Ich fühle mich, als hätte ich jetzt schon einen kleinen Sieg zu feiern. Die 100m Fahrt zur Startlinie nutze ich, um mich selbstbewusst rechts in der ersten Startreihe aufzustellen.

Noch eine Minute.

Meine Renntaktik einmal gedanklich durchgehen. Mhhh.. Eigentlich habe ich so recht keine Taktik. Ich bin ja auch noch nie ein Rennen in der Gruppe mit großen Ambitionen gefahren.

Ich beschließe  mich im Rennen erst mal beobachtend im Hintergrund zu halten und mit den schnellsten Fahrern mit zu fahren. In der Zeit kann ich die Rennsituation analysieren und entscheiden wie ich taktier.

Noch 20 Sekunden..

Kameraleute schwirren vor uns her, ein Mann reißt vor uns stolz die deutsche Flagge in die Höhe.

Der Kommentator zählt den Countdown:“10, 9, 8…. START!“ Auf in die grüne Hölle!

Ich trete langsam an und blicke zur Seite. So recht will noch keiner Tempo aufnehmen. Nach ca. 50m tritt plötzlich Sascha Durrer vom Cycling Team Rheinhessen an und reißt aus.

Endlich! Jetzt geht’s los. Oder auch nicht.

Niemand sonst folgt ihm. Ich hoffe dass doch noch jemand die Verfolgung aufnimmt? Keiner reagiert.

Scheiß drauf! Ich gehe aus dem Sattel, sprinte hinterher und schließe die Lücke. Das war´s mit meiner Taktik mich beobachtend im Hintergrund zu halten.

Ein kurzer Blick nach hinten. Keiner folgt uns. Steigen meine Chancen auf eine gute Platzierung oder scheitere ich am Ende aufgrund meiner mangelnden Rennerfahrung? Jetzt ist´s auch egal! Wir werden sehen.

Ich halte mich erstmal am Hinterrad des Führenden. Vielleicht kann man ja zusammenarbeiten? Allerdings gibt Sascha ein ordentliches Tempo an und sieht zudem mega durchtrainiert aus. Wir erreichen die ersten Fahrer des 75km Jedermannrennens und schlängeln uns durch die Herde. Nach einer halben Runde Grand Prix Strecke schau ich auf mein Puls:

175 Schläge!!!

Im Hinblick auf die kommenden Höhenmeter wird mir schnell klar, dass mir dieses Tempo auf der Gesamtrunde irgendwann zum Verhängnis werden könnte. Also beschließe ich Sascha ziehen zu lassen, schalte einen Gang runter und fahr mein Tempo. Aktuell also erst mal auf dem 2. Platz.

Ein Rennen in der Gruppe ist es momentan auch nicht mehr. Eher ein Zeitfahren, wie ich´s aus meinen anderen Rennen kenne. Darin bin ich gut! Das weiß ich!

Reicht das aber auch gegenüber dem Fahrerfeld hinter mir?

Ein Blick nach hinten zeigt mir nur noch eine ganze Horde Fahrer. Welche vom 75km und welche von meinem Rennen stammen lässt sich nicht erkennen. Mir bleibt also nichts anderes übrig als alles zu geben, in der Hoffnung nicht eingeholt zu werden.

Die Strecke führt nach links auf die Nordschleife. Sascha sehe ich in der kurvenreichen ersten Passage nicht mehr.

Außerhalb des roten Pulsbereichs macht das Rennen vermehrt Spaß. Vielleicht hol ich ja auf der Runde noch Matthias ein? Er wird die erste von seinen drei Runden ja wahrscheinlich nicht so intensiv Fahren wie ich. Währenddessen überhole ich einen Fahrer nach dem anderen des 75km Rennens und versuche mich vereinzelt, an herausgepickte Fahrer vor dem Überholvorgang heran zu saugen.

Willkommen im Tunnel!

Ca. 300m vor mir entdecke ich ein Führungsmotorrad. Da muss Sascha sein. Wenn er das anfängliche Tempo gehalten hätte wäre er schon viel weiter weg. Er hat wohl auch raus genommen. Da wäre ich besser doch noch ein Stück weiter sein Tempo mit gefahren.

Erste Situation bei der ich mit der nötigen Erfahrung sicherlich anders Gehandelt hätte.

Ich beschließe ein paar Watt mehr auf die Pedale zu bringen. Vielleicht kann ich den Abstand ja wieder verkürzen? Mit Tempo schlängle ich mich weiter durch die Menge von Fahrern. In den schnellen Passagen wirkt die sonst so breite Strecke, bei dem Verkehr, viel schmaler als bei den Radtreffs. Dennoch finde ich fast immer eine geeignete Linie ohne groß an Tempo zu verlieren.

Und so stürze ich mich auch Schuss die Fuchsröhre mit einer Höchstgeschwindigkeit von 94,93km/h herunter. Die Geschwindigkeit genutzt komme ich fast kraftlos über die anschließende Rampe, um mich dann mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp über 60km/h die 2,7km zum tiefsten Punkt der Nordschleife weiter hinab zu stürzen.

Unten angekommen begegne ich der Schlüsselstelle der Nordschleife, bei der sich die Spreu vom Weizen trennt und mich kurz darauf auch prompt Daniel Schorr vom Team Bergziegen RSG Koenigstein mit Überschuss überholt. Da brauch ich gar nicht versuchen mitzuhalten, denke ich. Dann bin ich jetzt auf Platz 3. Immerhin noch das Treppchen in Aussicht.

Die nächsten knapp 4km geht es erstmal mit über 200 Höhenmetern hoch hinaus, um sich dann kurz auf einem flachen Teilabschnitt zu erholen und dann das Laktat die Hohe Acht mit max. 17% Steigung in den Beinen zum explodieren zu bringen.

Daniel taktierte clever. Durch seinen Geschwindigkeitsüberschuss hat er ca. 50m Vorsprung heraus gefahren.

Jetzt fährt er geschätzt nur noch 0,5km/h schneller als ich. An Daniels Hinterrad kann ich das Tempo mit Sicherheit mitgehen. Ich überlege die Lücke wieder zu zufahren, schalte einen Gang hoch, merke wie sich langsam das Laktat durch die Venen brennt und schalte wieder runter. Eine höhere Frequenz kann ich auch nicht treten. Chance vertan.

Die Zweite Situation in der ich mich mit der nötigen Erfahrung sicherlich anders verhalten hätte.

Ich spule mich also mit knapp 20km/h und 300Watt auf den Pedalen den 4km Anstieg hoch. Auf der Hälfte treffe ich auf einen alten Bekannten Sascha Durrer. Das anfänglich hohe Tempo fordert seinen Tribut. Mit seitlichem Abstand und der Hoffnung von ihm in der Menge an Fahrern, die sich an dem Anstieg komprimiert haben, nicht erkannt zu werden fahre ich unauffällig an ihm vorbei. Den 2. Platz zurückerobert steigt auch wieder meine Motivation. Weit ist es nicht mehr bis nach oben. Ich nutze jeden Fahrer des 75km und wahrscheinlich mittlerweile auch des 150km Rennens, den ich überhole, als Motivationsspritze und treibe mich immer weiter an.

Oben angekommen fahre ich zielstrebig der hohen Acht entgegen. Das Führungsmotorrad ist nicht mehr zu sehen. Daniel zieht das Tempo wohl durch und fährt für sich einen guten Vorsprung heraus.

Mit so viel Schwung wie möglich fahre ich in die Wand der hohen Acht hinein. Die letzten 600m drücke ich das Rad unter mir mit durchschnittlich 360Watt und 15km/h den Hang hinauf. Mein Atem hört sich an wie eine Dampflock. Mein Herz schlägt mit 183 Schlägen gegen meinen Brustkorb. Ich stelle mir den Gipfel als Ziellinie vor. Mit dem Nähern der gesichteten Kuppe verstärkt sich auch in mir die Frage, ob meine Beine nicht gleich Feuer fangen.

Oben angekommen fühle ich mich wie ein Sieger.

Dabei steht noch das letzte Drittel des Rennens an. Die letzten 8km sind aber wahrscheinlich das Drittel was mir anhand meiner Fähigkeiten am meisten liegt. Mit seinem wellenförmigen Profil, verspielten Kurven und kurzen Anstiegen, die man mit Schwung durchdrückt. Zum Ende eine lange Gerade in der man seine Zeitfahrqualitäten nutzen kann. Oder man findet einen Zug der einen mitzieht.

Getrieben von der Jagd der Konkurrenten hinter mir rausche ich die folgenden 7km mit einem Schnitt von knapp 40km/h dem Ziel entgegen.

Auf der langen Geraden finde ich tatsächlich einen Zug. Nur leider werde ich unfreiwillig zur Lokomotive gewählt und sichte bei einem kurzen Blick nach hinten geschätzte 20 Fahrer die sich über meinen Windschatten freuen.

2km vorm Ziel nutze ich die Gelegenheit eines vorbei surrenden E-Bike Fahrers in dessen Windschatten zu sprinten und mich auch einmal ein wenig mitziehen zu lassen. 300 Meter später fährt ein Motorrad neben mir her. Mist denke ich. Steht im Reglement den Windschatten von Fahrern anderer Startfelder nicht nutzen zu dürfen? Machen die anderen doch auch die ganze Zeit.

Verunsichert nehme ich ein bisschen raus und schaue zu dem Motorradfahrer, der mir entgegen ruft:

„Du bist Zweiter?!“

Fragt er mich das oder teilt er mir das mit?

Ich antworte schlicht: „Ja. Das hoffe ich.“

Worauf der Motorradfahrer ruft: „ Dann gibt Gummi. Es ist nicht mehr weit bis zum Ziel!“

Ich schaue nach vorn. Na super. Der E-Bike Fahrer ist weg.

Aber der kurze small talk mit dem Fahrer gibt mir weitere Motivation mich den Rest der Strecke weiter zu quälen und den 2. Platz bis ins Ziel zu retten.

Kurz vor der Startzielgeraden feuern nochmal ordentlich Zuschauer die Fahrer an.

Tolle Atmosphäre!

Da ist es endlich. Weit entfernt sehe ich den Zielbogen. Die Fahrt über die Start-Ziel-Gerade motiviert mich nochmal ordentlich Fahrt aufzunehmen, um auf den letzten Metern nicht doch noch einen Platz zu verlieren.

Kurz vorm Ziel werde ich lauthals empfangen mit den Worten des Kommentators:

„Und da kommt….. Jaaaa… Es ist der Zweitplatzierte des 25km Rennens:

Sascha Kronenberg

Herzlichen Glückwunsch!“

Herzlichen Dank!!!

Ein Atemberaubendes Gefühl nach solchen Strapazen mit Endorphinen überschüttet zu werden. Ich rolle den Rest der Start-Ziel-Geraden aus, mache kehrt und fahre am Rande der Strecke zurück Richtung Boxengasse.

Kurz hinter der Ziellinie empfangen mich die Crownhill Racers Ladys Julia, Dine und unser Hund Isa, die mich bellend bejubelt.

Matthias lag mit meinem Überqueren der Ziellinie ca. 20 Sekunden vor mir und macht sich gerade auf den Weg in seine zweite Runde, um für sich am Ende einen guten, soliden 114. Platz von 539 Fahrern im Gesamtklassement und 50.Platz in seiner Altersklasse heraus zu fahren.

Die anschließende Siegerehrung mit dem 2. Gesamt- und dem 1. Altersklassenplatz krönten den erfolgreichen Tag, mit einem tollen Pokal als Andenken. Leider ohne dem Gesamtsieger Daniel Schorr, dem ich gerne persönlich gratuliert hätte. Daniel war aber schon wieder auf der Strecke, um für das 24h Team von Avia Racing in die Pedale zu treten.

Hier noch ein paar Daten

„Grüne Hölle“

Wir sehen uns nächstes Jahr wieder!!!